Das Krankensystem meiden und gesund bleiben
Die Konsequenzen der institutionellen Medizin wirken zusammen und rufen eine neue Art Leiden hervor: anästhesiertes, ohnmächtiges und einsames Überleben in einer Welt, die sich in eine Krankenstation verwandelt. – Ivan Illich
Anders als in allen anderen Ländern der Welt, in denen man zumindest in Vorlage gehen und sich das aufgewendete Geld von einer Krankenkasse ganz oder teilweise erstatten lassen muss, wird all dies hierzulande von unsichtbaren Händen im Hintergrund geregelt. Man behelligt uns nicht damit, dass die Leistungen des Arztes und die von ihm verschriebenen Medikamente Geld kosten. Viel Geld. Auf wie viele unserer durchschnittlich 18 jährlichen Arztbesuche würden wir verzichten, wenn wir sie aus eigener Tasche bezahlen müssten? Oder die Summen auch nur auslegen und uns zurückholen müssten von unseren Kassen? Auf durchschnittlich 9? Oder doch eher auf durchschnittlich 15? Und auf wie viele, wenn wir wüssten, dass unsere Prämisse betreffend die Ziele der Gesundheitsmaschine falsch ist: die Idee, das »Gesundheitswesen« wolle uns nützen? Auch wenn Einzelne (Ärzte) darin genau dies bestimmt wollen: Das Wesen, weniger Gesundheits- als Krankheitswesen, kann dies nicht wollen und nicht zulassen. Und »es« meint das gar nicht böse. Oder persönlich.
… Ohne florierendes Krankheitssystem würde die deutsche Wirtschaft wohl umgehend zusammenbrechen, denn die Gesundheit unseres alles entscheidenden Wachstumsindikators, des Bruttoinlandsprodukts (BIP), hängt maßgeblich davon ab, dass es immer weniger Gesunde gibt und immer mehr Kranke. Wer das merkwürdig findet, vergegenwärtige sich, dass das irreführend sogenannte »Gesundheitswesen« seit 1950 von einem 2‑Millionen-Geschäft zu einer 350-Milliarden-Maschine eskaliert ist, deren Umsätze 12 Prozent des BIP ausmachen und die mit etwa 5,5 Millionen Beschäftigten fast jeden sechsten Arbeitsplatz in Deutschland stellt.
Böttcher, Sven: Rette sich, wer kann – Das Krankensystem meiden und gesund bleiben. Westend Verlag.