Albtraum Pflegeheim

Eine Altenpflegerin gibt Einblick in skandalöse Zustände

Aus dem Vor­wort: Die Gene­ra­ti­on, die heu­te in unse­ren Pfle­ge­hei­men lebt, hat Deutsch­land nach dem Krieg wie­der auf­ge­baut. Hat aus teils ärm­lichs­ten Ver­hält­nis­sen kom­mend jahr­zehn­te­lang am wirt­schaft­li­chen Auf­stieg Deutsch­lands gear­bei­tet und durch Fleiß und Dis­zi­plin einen Wohl­stand geschaf­fen, von dem wir heu­te so selbst­ver­ständ­lich pro­fi­tie­ren. Wie kann es dann aber sein, dass ein gro­ßer Teil die­ser Men­schen, jetzt gebrech­lich gewor­den und auf Hil­fe ange­wie­sen, so wenig Ach­tung und Hil­fe und Wert­schät­zung erfährt? Etwa 800.000 betag­te Men­schen sind in Deutsch­land in über 11.000 voll­sta­tio­nä­ren Pfle­ge­ein­rich­tun­gen unter­ge­bracht. In der über­wie­gen­den Zahl die­ser Fäl­le han­delt es sich für die Heim­be­woh­ner um pre­kä­re Lebens­si­tua­tio­nen. Angst, Ein­sam­keit und die Ver­nach­läs­si­gung grund­le­gen­der Bedürf­nis­se der Heim­be­woh­ner sind an der Tages­ord­nung. Wir wol­len in die­sem Buch ver­schie­de­ne Grün­de auf­zei­gen, die zu den Miss­stän­den in den Pfle­ge­hei­men füh­ren: zu phy­si­scher und psy­chi­scher Ver­wahr­lo­sung, zu Miss­hand­lung und Miss­ach­tung, schlicht zu Zustän­den, die in einer frei­heit­lich demo­kra­tisch gepräg­ten Gesell­schaft als voll­kom­men inak­zep­ta­bel ange­se­hen wer­den. So behan­delt man kei­ne Men­schen! …

Es ist abso­lut ent­wür­di­gend, einen Groß­teil des Tages in sei­nen Fäka­li­en lie­gend ver­brin­gen zu müs­sen. Es ist abso­lut ent­wür­di­gend, von Pfle­ge­kräf­ten wie ein Objekt behan­delt zu wer­den, dem gegen­über kei­ner­lei Respekt auf­ge­bracht wird. Es ist abso­lut ent­wür­di­gend, mit­tels Phar­ma­zeu­ti­ka in einen Däm­mer­zu­stand ver­setzt zu wer­den, um als pro­blem- und wil­len­lo­se Ver­fü­gungs­mas­se mit gerings­tem Auf­wand durch den Betrieb des Pfle­ge­heims geschleust zu wer­den. Es ist ent­wür­di­gend, als Vor­wand für Lug und Betrug her­hal­ten zu müs­sen, damit im Heim die Kas­se stimmt. …

In unse­rem Buch wol­len wir zei­gen, wie die ableh­nen­de Hal­tung gegen­über dem The­ma Alter zu einem Nähr­bo­den wird für einen viel zu häu­fi­gen, men­schen­ver­ach­ten­den Umgang mit Hoch­be­tag­ten in Pfle­ge­hei­men. Dar­über hin­aus wol­len wir öko­no­mi­sche Rah­men­be­din­gun­gen anspre­chen, die dazu füh­ren, dass pre­kä­re Zustän­de in unse­ren Alten­hei­men so häu­fig an der Tages­ord­nung sind. Rah­men­be­din­gun­gen, die sich für Heim­be­woh­ner kata­stro­phal aus­wir­ken, an denen vie­le Heim­be­trei­ber aber nur zu ger­ne fest­hal­ten, weil sie ihnen auf Dau­er den maxi­ma­len Pro­fit sichern.

Wit­tig, Frank; Ohlerth, Eva: Alb­traum Pfle­ge­heim. Riva.